Modellbildung und Simulation
Leitung:
Dr. rer. nat. Markus Apel
Access e. V.
Die Arbeitskreisgruppe Modellbildung und Simulation befasst sich innerhalb des SFB mit Simulationsmodellen und numerischen Methoden, die für eine quantitative Modellierung der verschiedenen, schmelzbasierten Prozesse eingesetzt werden. Die Simulationsansätze decken dabei unterschiedliche Längen- und Zeitskalen ab, von einer sub-Mikrometerskala für die Gefügebeschreibung, über die Mikrometerskala, z. B. zur Beschreibung einzelner Partikel beim Plasmaspritzen oder für die Berechnung der Schmelzfilmdynamik beim Laserstrahlschneiden, bis hin zur makroskopischen Bauteilskala, die z.B. im Kunststoffspritzguss sowohl das Bauteil, als auch die Kavität umfasst. Auf der Zeitskala werden durch verschiedene Modelle zum einen hochdynamische Vorgänge (Millisekunden), wie bei der Ausbildung der Dampfkapillare beim Laserstrahlschweißen erfasst, zum anderen eher langsame Vorgänge (~10 s) wie die Erstarrung eines massiven Aluminiumteils im Kokillenguss, Beispiele für verschiedene Problemstellungen und Skalen sind in gezeigt.
Während in den einzelnen Teilprojekten die Modelle eher spezifisch im Hinblick auf die jeweilige Fragestellung entwickelt und angewendet werden, findet in den Arbeitskreisen eine werkstoff- und prozessübergreifende Betrachtung statt. Dies eröffnet zum einen Synergien, z.B. durch die Übertragung bereits entwickelter Modellansätze auf neue Fragestellungen, aber auch werkstoffübergreifende Erkenntnisse. Ein Beispiel hierfür ist die iterative Mehrskalensimulation, die zunächst für den Kokillenguss eines Al-Bauteils entwickelt wurde, und deren Übertragbarkeit im Kunststoffspritzguss im AK M3 diskutiert wurde. Ein weiterer wichtiger Aspekt der AKG ist daher die Verknüpfung und der Datenaustausch zwischen verschiedenen Modellansätzen. Während im bisherigen Verlauf des SFB der Schwerpunkt auf der Entwicklung neuartiger, bedarfsgerechter Prozessmodelle lag, liegt er in der dritten Phase auf der Nutzung dieser Methoden, um die Präzision in den verschiedenen Prozessen zu steigern, z.B. indem Kompensationsmaßnahmen numerisch unterstützt werden. Dabei spielt der Aspekt „kurze Rechenzeit“ eine wichtige Rolle, d.h. die bisher eingesetzten Modelle werden kontinuierlich auch bzgl. Rechenzeitaspekten untersucht und weiterentwickelt. Ein Beispiel hierfür sind Ansätze der Modellreduktion oder die neu aufgenommene SPH-Methode aus TP A13 (N). Die neue Schwerpunktsetzung führte zu einer neuen Aufteilung und Neuausrichtung der Inhalte, die sich in einer teilweisen Umbenennung bestehender Arbeitskreise widerspiegelt. In der dritten Phase gliedert sich die AKG Modellbildung und Simulation in vier Arbeitskreise, die im Folgenden beschrieben sind.
Die Arbeitskreise
M1: Kontrolle des Energietransfers an Grenzflächen
Dieser Arbeitskreis beschäftigt sich mit der Modellierung des Wärmetransfers zwischen Schmelze und Umgebung, im Speziellen an freien Schmelzeoberflächen. Der Wärmefluss über Grenzflächen steuert sowohl den Aufschmelzvorgang als auch die Erstarrung. In den ersten beiden Phasen wurde schwerpunktmäßig die „passive“ Wärmeübertragung modelliert. Hierzu zählt ein Modell für den Wärmeübergang mit Spaltbildung bei dem sowohl Wärmeleitung als auch Konvektion im gasgefüllten Spalt sowie die Wärmestrahlung berücksichtig wird. Die Spaltbildung selbst wurde in einem thermomechanischen Kontaktmodell abgebildet. In der dritten Phase wird sich der Arbeitskreis verstärkt mit der „aktiven“ Wärmeübertragung beschäftigen. Hierzu zählt die Modellierung der Energieeinkopplung über Heizschichten. Mit Hilfe der Simulation soll ein besseres Verständnis über die lokalen Temperaturverhältnisse im Bereich der Grenzflächen und insbesondere über deren Dynamik erarbeitet werden. Die Arbeiten unterstützen die Auslegung von Kompensationsmaßnahmen bei verschiedenen Prozessen und Werkstoffen und sind ein wichtiger Beitrag, um Regelungskonzepte wie in TP B03 umzusetzen. Ein wichtiger Aspekt in diesem AK ist der Vergleich im thermischen Verhalten von teilkristallinen Kunststoffen und Metallen bei der Energieeinkopplung oder aktiven Isolation über Heizschichten.
Aktive Mitglieder:
A10, A12, B01, B02, B03, B04, B08, B09
M2: Schmelzbaddynamik und Mehrphasenmodellierung der Schmelze
Der Arbeitskreis Schmelzbaddynamik und Mehrphasenmodellierung der Schmelze führt Teilprojekte zusammen, bei denen die Simulation der Strömung in der Schmelze im Vordergrund steht. Dabei wird sowohl das Aufschmelzverhalten adressiert, z.B. die Ausbildung des Schmelzbades beim Schweißen und im LPBF-Prozess, als auch der Antrieb der Schmelze, z.B. durch den Gasstrahl beim Laserstrahlschneiden. Dazu werden Aspekte der Oberflächenspannung und Verdampfung an der Schmelzeoberfläche diskutiert. Ebenso wird die Erstarrung der Schmelze auf einer prozesstypischen Skala (Mikro- bis Millimeter) modelliert. Die Entwicklung reduzierter Modelle wird zusammen mit AK M4 auch in diesem AK vorangetrieben. Durch eine Verringerung des numerischen Aufwandes ermöglicht die Modellreduktion eine Erstellung von Prozesslandkarten zur Analyse technischer Prozesse und eröffnet Perspektiven für die Anwendung der Simulation in aktiven Regelkreisen.
Aktive Mitglieder: A03, A04, A09, A11, B04, B05, B07
M3: Erstarrung/Phasenumwandlung: Werkstoffmodelle für Verzug und Restspannungen
Dieser Arbeitskreis behandelt Modelle und Simulationsmethoden, die für die Beschreibung des Erstarrungsvorgangs und der Phasenumwandlungen entlang der Abkühlung eingesetzt werden können. Sowohl Metalle, als auch Kunststoffe werden in diesem AK behandelt. Die im AK diskutierten Modelle beschreiben die Vorgänge sowohl auf der Gefüge- als auch auf der Kontinuumsskala. Ein Arbeitsschwerpunkt für die dritte Phase sind Werkstoffmodelle für das mechanische Verhalten, um Verzug und Restspannungen in Metallen und Kunststoffen korrekt zu beschreiben, so dass die Simulation die Auslegung von Kompensationsmaßnahmen unterstützt. Ein zweiter Schwerpunkt wird das Thema „Heißrisskriterien“ sein. Gemeinsames Ziel ist die Weiterentwicklung von Prozess und Werkstoff sensitiver Heißrisskriterien und deren Anwendung auf die im AK vertretenen Verfahren Gießen und Schweißen.
Aktive Mitglieder: A03, A04, A09, A10, A11, A13(N), B04, B07, B08, B09
M4: Effiziente numerische Methoden
Der Arbeitskreis Effiziente numerische Methoden behandelt schwerpunktmäßig die Numerik. Themen in diesem Arbeitskreis sind u.a. (1) Methoden zur Modellreduktion, (2) moderne Diskretisierungsverfahren wie die discontinuous Galerkin-Methode oder die Raumzeit-Diskretisierung, und (3) Ansätze und Methoden zur Lösung inverser Probleme. In der zweiten Phase wurden gemeinsame Benchmarks definiert, z.B. Stokes-Strömung um eine umströmte Kugel, die mit verschiedenen Ansätzen gerechnet wurden. Neu hinzugekommen ist die SPH-Methode, die im Rahmen eines Begleitprojektes evaluiert wurde und jetzt wesentlicher Bestandteil im neu beantragten TP A13 (N) werden soll. Zur Bewertung des SPH-Ansatzes wurden mehrere Beispiele (z.B. Wärmeleitung, Erstarrungsgeschwindigkeit einer planaren Front, sich ablösender Schmelztropfen) als Benchmarks definiert. Die Ergebnisse der SPH-Methode zeigen in vielen Fällen eine gute Übereinstimmung mit den Resultaten anderer Ansätze, z.B. klassischer FEM, bei deutlich reduzierter Rechenzeit. Ein weiteres Beispiel aus der zweiten Phase ist der Vergleich zwischen dem Enthalpie-Porositäts-Modell und dem Viskositätsansatz bei der Berechnung der Schmelzbadgeometrie im Schweißprozess. Hier wurde gezeigt, dass der Enthalpie-Porositätsansatz eine bessere Übereinstimmung zwischen Simulation und Experiment liefert. Mittlerweile wird die Enthalpie-Porositäts-Methode in mehreren Teilprojekten eingesetzt.